Figur
Bäume gibt es unendlich viele verschiedene – dasselbe gilt für die Menschen!
Eine Erklärung für die Affinität, die der Mensch zum Baum hat, die er als Wesensverwandtschaft empfindet. Aus diesem Grund spricht er den Betrachter so unvermittelt an, Dietrich Klinges „Baum-Mensch“. Ein Baum-Skelett, verholzt, flechten- und moosbewachsen, blatt- und blütenlos, reduziert auf das Wesentliche. Eine Redensart kommt in den Sinn: „Ein Mensch wie ein Baum: nicht rechtwinklig an Leib und Seele, eher krumm und knorrig“. Bei genauerer Betrachtung stellt sich durchaus die Frage, ob die Gestalt-Analogie hier überhaupt als Auszeichnung gemeint sei. Und mit einem Mal wird bewusst, dass der Künstler den Betrachter vom rechten Pfad der positiven Konnotationen des Baumes abgebracht hat: Der Stammbaum als Symbol für Herkunft und Legat, die Vereinigung der Äste zum Haupt des Baumes und zur Krone, feine und feinste Verästelungen als Sinnbilder für menschliche Adern und physiologische Kreisläufe. – Stattdessen zeigt sich der Baum-Mensch „krumm und knorrig“, verwachsen statt gewachsen; ein Wesen, das nicht ganz freiwillig mit sich selbst in Symbiose lebt. Frappierend dabei die Plötzlichkeit, mit welcher der Künstler diese Erkenntnis den Betrachter ereilen lässt. Die Verästelung wird zum Scheideweg, die Verzweigung zur Abzweigung – wohin? Dies bleibt wohl unergründlich.
-Brigitte Herpich