Dietrich Klinge – „Ein Anderer“
Die Skulptur „Ein Anderer“ lädt uns ein, über die Entstehung unseres Selbst nachzudenken – nicht als etwas Abgeschlossenes oder Ursprüngliches, sondern als etwas, das im Gegenüber entsteht. Der Titel verweist darauf, dass wir uns selbst nur erkennen, weil es *den anderen* gibt: ein Gegenüber, ein Spiegel, ein Resonanzraum.
In der Begegnung mit einem anderen Menschen wird unsere eigene Identität sichtbar. Seine Reaktionen, sein Blick, seine Andersartigkeit zwingen uns dazu, uns selbst zu verorten. Wir erkennen unsere Grenzen und Möglichkeiten, unsere Empfindungen und Haltungen erst, wenn sie im Anderen reflektiert oder herausgefordert werden.
So verweist die Skulptur nicht nur auf ein einzelnes Objekt, sondern auf eine Beziehung – auf das dialogische Prinzip menschlicher Existenz. Der „andere“ ist nicht nur eine Person, sondern auch ein Moment der Erkenntnis: In seinem Spiegel sehen wir uns selbst, aber nie vollständig, nie endgültig. Identität bleibt ein fließender Prozess, geprägt von der Differenz.
Der Titel „Ein anderer“ ist somit nicht nur eine Benennung, sondern eine Einladung: zur Selbstbegegnung durch das Fremde, zum Nachdenken über das Ich im Wir – und über das Wir im Spiegel der Verschiedenheit.